Grenzflächeneigenschaften

Hydrophile und hydrophobe Moleküle und deren Oberflächenladung beeinflussen das Grenzflächenverhalten von Gelatine. Dieses wiederum bestimmt die Stabilität ihrer  Schäume und Emulsionen, sowie Klebeeigenschaften und Löslichkeit.

Amphoteres Verhalten

Aufgrund der Tatsache, dass einige Aminosäuren in den Seitenketten geladene Gruppen aufweisen, haben Proteine unterschiedliche elektrische Ladungen. Bedingt durch die Zusammensetzung der Aminosäuren hat jedes Protein eine typische Ladungsverteilung, die auch vom pH-Wert abhängt.

Am isoelektrischen Punkt (IEP) ist die Anzahl der positiven und negativen Ladungen im Molekül gleich groß: Das Molekül ist neutral geladen. Der IEP des nativen Kollagens liegt bei einem pH-Wert von etwa 9.

Gelatine wird durch partielle Hydrolyse aus Kollagen hergestellt. Der isoelektrische Bereich von der im sauren Produktionsprozess hergestellten Typ A Gelatine liegt zwischen einem pH-Wert von 8 und 9. Alkalisch hergestellte Typ B Gelatine hat einen isoelektrischen Bereich zwischen 4,8 und 5,4. Diese Unterschiede entstehen durch die partielle Desaminierung von Glutamin und Asparagin zu Glutaminsäure und Asparaginsäure bei der alkalischen Vorbehandlung des Rohmaterials.

In der Anwendung von Gelatine spielt der IEP eine wichtige Rolle. Je näher der pH-Wert des Endproduktes am IEP der Gelatine liegt, desto eher kann es zu Trübungen oder Ausfällungen kommen.

Amphiphiles Verhalten

Gelatine ist ein polydisperses System unterschiedlich langer Proteinketten, die sich aus langen hydrophoben und kurzen hydrophilen Segmenten zusammensetzen. Dieser molekulare Aufbau ist typisch für oberflächenaktive Substanzen. Gelatine kann die Oberflächenspannung wässriger Systeme herabzusetzen, weil sich ihre Moleküle als Film an der Grenzfläche anlagern. Dies lässt sich technologisch nutzen, um Mehrphasensysteme wie Schäume oder Emulsionen zu bilden und zu stabilisieren.

Schäume und Emulsionen

Je nach Anwendung werden Gelatinen mit sehr unterschiedlichen Schaum- oder Aufschlag-Eigenschaften benötigt. Grundsätzlich weist Typ A Gelatine bessere Schaumeigenschaften auf als Typ B Gelatine, zumindest in einem pH-Bereich von 3-6. Dies liegt an der unterschiedlichen Oberflächenladung in Abhängigkeit vom pH (amphoteres Verhalten), was zu einer mehr oder weniger starken Entfaltung der Moleküle führt. Trotz dieser grundlegenden Unterschiede sind beide Gelatine-Grundtypen bei entsprechendem molekularen Design (amphiphiles Verhalten) für Schaumbildung und Stabilisierung geeignet, das gilt ebenfalls für die Bildung und Stabilisierung von Emulsionen.